Zwischen den Stühlen

So fühle ich mich oft in meinem Leben… Ich bin nicht besonders gut darin Entscheidungen zu treffen. Ich möchte es immer allen Seiten recht machen. Und so passiert es mir oft, dass einfach andere Leute Entscheidungen für mich treffen, einfach weil die Zeit gekommen ist und/oder sie keine Lust mehr haben auf meine Entscheidung zu warten…
Ob ich dann mit der Entscheidung auch wirklich glücklich bin spielt keine Rolle. Denn beschweren kann ich mich ja eh nicht. Ich hätte die Entscheidung ja selber treffen können… Nach meinen Vorstellungen und Wünschen!

Ähnlich ging es mir auch damals, als es darum ging ob ich mit meinem Freund zusammen für (zu beginn geplante) 12 Monate nach Madrid gehe.
Für meinen Freund stand fest, dass er diesen Schritt macht. Ich hatte ihm ja sogar dazu geraten. Immerhin wollte ich seiner Karriere ja nicht im Weg stehen!
Meine Familie war aber gar nicht begeistert von der Idee. Ich müsste ja Job und das sichere Leben hier aufgeben. Das sorgte über Monate für wirklich schlechte Stimmung in meiner Familie.

Ich weiß auch gar nicht wie es dann zu der Entscheidung gekommen ist, oder wer sie genau getroffen hat, aber ich bin mit meinem Freund nach Spanien gezogen. Aus den 12 Monaten wurden drei Jahre, und ich gab nicht nur meinen Job hier in Deutschland auf, sondern mit der Zeit auch meine Wohnung!

Jetzt sind wir letzte Woche gerade wieder aus unserem Madrid-Urlaub zurück gekommen, und ich fühle mich
zwischen den Stühlen!
Es war alles so vertraut, und doch haben wir gespürt wie fremd wir dort sind…
So haben wir uns in unserer alten Wohnanlage fast wieder wie zu Hause gefühlt! An dem Briefkasten in unserem Portal konnte man noch einen Teil meines Namens auf unserem alten Namensschild lesen, das nicht ganz überklebt war.
Vor unserer Wohnungstür lag noch unsere alte spanische Türmatte, die der Nachmieter übernommen hatte.
Und doch schaute uns der Portero (Pförtner) sehr misstrauisch an, als wir die Anlage durch den Haupteingang wieder verließen.
Und von solchen Momenten hatten wir viele. So kannten wir zwar noch die Frau beim Bäcker, aber sie konnte sich, obwohl wir durch Herkunft und Aussehen ja schon auffällig waren, nun nicht mehr an uns erinnern…

Dieser Urlaub in Madrid war wirklich toll. Und wir hatten uns ganz bewusst dazu entschieden keinen Touristen-Urlaub daraus zu machen. Ich hatte nicht mal meine Kamera mitgenommen!
Stattdessen haben wir uns genau auf solche Momente konzentriert. Wir haben viele Dinge, die für drei Jahre unser Alltag waren, wieder neu erlebt.

Wir sind durch unser altes Viertel gestreift, haben unsere Geocaches dort gepflegt, haben in unserem Park in der Sonne gesessen und in unserem Supermarkt eingekauft.
Wir sind durch die Stadt geschlendert, durch unsere geliebten Shoppingzentren…
Haben Churros gegessen, frische spanische Pizza im Hotel selber gebacken, und ich habe mein Pollo al Limón bekommen!

Kurzum: es war wirklich ein Revival! Eine Wiederbelebung! Ein Comeback!
Und schon im Flugzeug auf dem Rückflug haben wir angefangen eine Liste zu schreiben mit Dingen, die wir machen wollten aber nicht geschafft hatten. Für unseren nächsten Besuch in Madrid!

Denn wir kommen ganz bestimmt wieder!
Für uns ist und bleibt Madrid immer ein Stück Heimat!
Und ich hoffe das auch irgendwann einmal über Hamburg sagen können. Denn dies ist das nächste Paar Stühle zwischen denen ist sitze… 😉

Loslassen und verzichten

Überall liest man gerade vom Verzichten und Loslassen… Weniger Zeit im Social Life verbringen, nicht mehr immer dem neusten Make Up Trend hinterher laufen, einfach mal eine Woche „offline“ leben, so ganz ohne Smartphone, nur noch shoppen was man auch wirklich benötigt…
Die Zeitungen und Blogs sind gerade voll von Erfahrungsberichten und Inspirationen zu diesem Thema.
Und nun hat es mich auch erwischt!
Ungeplant, unbewusst und ungeheuer schmerzlich für mich!

Mein Auto hatte letzte Woche einen dringenden Termin beim TÜV und hat nur noch die AU bestanden.
Mein kleiner pistaziengrüner Flitzer scheint mit seinen nun 16 Jahren und fast 220.000 km endgültig ausgedieht zu haben.
Mein kleiner Froschi! Mein erstes richtig eigenes Auto!
Ich habe ihn selber finanziert, und wusste so während meiner Ausbildung immer wofür ich arbeitete…

Wir haben uns in einem kleinen Dorf in der Nähe von Bremen kennengelernt und von dort aus die Freiheit und Unabhängigkeit genossen, die wir durch unsere Zusammenarbeit erreichten.
Wir fuhren zusammen zur Arbeit und erkundeten die „Großstadt“ Bremen. Wir fuhren gemeinsam über unsere erste und einzige rote Ampel und hatten danach so viel Angst, dass wir uns für eine Weile voneinander trennen müssten…
Wir hörten plötzlich dieses zischende Geräusch, als wir uns beim Einparken am Bordstein den Reifen kaputt fuhren.
Wir besuchten zusammen mit meinem Freund das Ruhrgebiet. -Erst zu dritt, und später dann sogar wir zwei alleine…

Auch hier in Spanien, wo wir gerade Urlaub machen, erinnert uns vieles an dich! Denn auch als ich nach Madrid umziehen wollte, kam eine Trennung für uns nicht in Frage! Und so luden wir nicht nur Möbel und Umzugskisten in den LKW, sondern fuhren dich gleich mit hinein!
Wir machten es dir so gemütlich wie möglich. In Spanien angekommen stellten wir dann aber fest, dass du noch deine Winterreifen anhattest. Das war vielleicht eine Überraschung!
Was sollten wir bei 40°C in Madrid mit Winterreifen? Du warst so glücklich, als wir dir dann deine Sommerreifen aus Deutschland nachschickten…
Und von da an leistetest du uns treuen Dienst während unserer drei Jahre in Madrid.
Du kanntest den Weg nach Getafe genau so gut wie den nach Santo Domingo.
Du hast uns auf so mancher Shoppingtour begleitet und sogar einen 42 Zoll großen Fernseher transportiert…
Und es dauerte auch gar nicht so lange, bis wir zwei uns alleine auf die bis zu achtspurige Stadtautobahn wagten. Irgendwann kannten wir dann die Spuren schon fast im Schlaf und hatten uns dem spanischen Fahrstil sehr gut angepasst!
An einer Mauer habe ich dann auch noch deine Stoßstange mit ein paar Kratzern ’spanisiert‘, aber auch das hast du mir zum Glück nicht übel genommen!
Du hast diese Zeit wirklich gut durchgehalten!
Aber ich glaube, insgeheim warst du froh als es endlich wieder zurück nach Deutschland ging…

Du freutest dich auf eine ausführliche Durchsicht, auf den TÜV… Und wir hatten dich so lieb, dass wir dir das komplette Verwöhnprogramm gönnten, und das gleich zweimal im selben Jahr.
Und weißt du noch, wie wir dann immer zwischen Hamburg und Bremen auf der Autobahn durch die Baustellen gekrochen sind?
Oder wie wir Anfang dieses Jahres einmal fast eingeschneit waren?

Wir haben in den letzten 12 Jahren so viel miteinander erlebt, aber jetzt rückt der Abschied immer näher.
Wenn es so weit kommen sollte werde ich dich erstmal nicht ersetzen. Aber ich hoffe, dass du irgendwann ein entferntes Geschwisterchen bekommen wirst, das ich mir leisten kann!

Aber du Froschi, wirst immer unvergessen bleiben!

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